Das machen die alleine aus!

 
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Ein alter - neuer Trend auf der Hundewiese

 

 

Klar, natürlich möchte man nicht zu den übervorsichtigen Hundehaltern zählen. Vor allem nicht in Berlin ;-). Vor allem auch nicht, weil der Hund dann ja auch übervorsichtig und ängstlich werden könnte und dann macht das Leben in der Hundehauptstadt sicherlich keinen Spaß mehr. Ein absolut nachvollziehbarer und richtiger Gedanke. Gerade aber für Menschen, die das erste Mal gemeinsam mit einem Hund die Stadt durchstreifen, ist die Frage nach der Grenze, dem richtigen Maß, dem angemessenen Verhalten in vielen Situationen nicht ganz klar. Und diese Frage ist tatsächlich auch nicht einfach zu beantworten. Auf der Hundewiese bekommt der Hundeneuling dann oft den Tipp, die Hunde doch einfach alles alleine ausmachen zu lassen. Schließlich seien es ja Hunde und man solle da nicht so eingreifen.

Grundsätzlich ist dieser Ratschlag ja nicht schlecht. In der praktischen Umsetzung jedoch häufig nicht sinnvoll. Denn man darf nicht vergessen, dass es sich meist um fremde Hunde handelt, nicht um ein etabliertes Rudel, bei dem sich die Individuen kennen, sich einschätzen können, Erfahrungen miteinander gesammelt haben und dann in einer entsprechenden Situation in der Lage sind, "das alleine auszumachen." Und selbst in etablierten Gruppen muss der Mensch oft eingreifen. Und ja, klar, Hunde sollen sich beschnüffeln dürfen und spielen und auch mal anzicken dürfen. Aber das Maß und die Umstände sind ganz entscheidend. Vor allem möchte ich hier mal wieder für die Besitzer kleinerer Hunde und ängstlicher Hunde in die Bresche springen. Es ist nicht so einfach mit einem kleinen Hund Situationen zu finden, in denen er positive und stressfreie Erfahrungen mit anderen Hunden sammeln kann, die ihn mit mehr, und nicht WENIGER Selbstbewusstsein aus der Situation gehen lassen. Nicht jeder kleine Hund ist ein Jack Russell Terrier, der vor Selbstbewusstsein strotzt und auch ein Spiel mit einem Elefanten nicht ablehnen würde. Die enormen Größenunterschiede, die wir gezüchtet haben, sind oft ganz einfach Auslöser für Schmerz und Unwohlsein und auch nicht ungefährlich. Wenn ein 4 Monate alter Zwergspitz von einem ausgewachsenen, ungebremsten, größeren Hund, und im Fall der Fälle noch von einem weiteren Hund angespielt wird und sich sichtlich ängstlich zeigt, bzw. sich schon überschlagen hat, dann ist es völlig in Ordnung, wenn man den Hund da rausholt (oder die anderen wegschickt). "Hochheben ist aber keine gute Lösung." sagt sich leicht, wenn man der Besitzer des großen, kräftigen Hundes ist, der dann auch noch die Person mit dem Hund auf dem Arm anspringt und nicht zurück gepfiffen wird. Die Frage ist doch: "Was soll der (kleine) Hund lernen?" Es tut ihm vielleicht weh, er kommt aus der Situation nicht heraus, da er von den anderen überhaupt nicht ernst genommen wird, lernt Hilflosigkeit und lernt zudem, dass er sich auf den Menschen an seiner Seite auch nicht verlassen kann. Hundekontakte werden so unangenehm, dass der Hund irgendwann Angst vor Situationen mit anderen Hunden entwickelt. Es wäre im Gegenteil die Aufgabe des anderen Hundebesitzers, seinem Hund höfliche Annäherung an kleinere, schüchterne, ängstliche, oder generell an alle Hunde beizubringen. Aber Erziehen und auch mal Grenzen setzen ist leider im Moment nicht in. Hunde pirschen sich an, preschen los, rennen andere über den Haufen, sind körperlich zu übergriffig und der Tenor bleibt: "Das machen die alleine aus." Oftmals auch ein Satz, der überspielen soll, dass der eigene Hund tatsächlich leicht außer Kontrolle geraten ist (oder noch nie unter Kontrolle war).

Laissez-faire in der Hundeszene. Das ist sehr schade und sehr kontraproduktiv für ein reibungsloses Miteinander, von dem schließlich ALLE was haben sollen. Nicht nur "survival to the fittest".

Ich kann nur jedem Hundebesitzer raten: Hört auf euer Bauchgefühl. Euer Hund fühlt sich nicht wohl? Hat große Furcht? Warum? Könnte er diese Situation jetzt ruhig mal aushalten lernen und was für sich lernen? Oder ist die Situation eindeutig unfair (z.B. Hund an Leine -  anderer Hund rennt unangeleint rein / kleiner Hund - großer grobmotorischer Hund / schüchterner Hund - extrem ungehemmter Hund / ein vorsichtiger Hund - mehrere Draufgänger). Dann raus aus der Nummer und mit etwas Abstand zum Chaos irgendwo noch eine schöne Erfahrung verschaffen. Vielleicht erst mal mit einem weiteren Hund, oder mit ruhigeren, besser erzogenen Hunden. Jeder Hund hat seine Geschichte, bei den vielen Auslandshunden kennen wir sie oft nicht. Erst mal langsam und möglichst stressfrei. Denn es ist völlig egal ob „...der nur spielen will und nix tut....“, die Perspektive des unsicheren Hundes ist die wichtige, nicht die des Draufgängers.

Eine Kollegin von mir nannte nicht zu Unrecht unlängst einen Hundeplatz sehr scharf "Mobbingkäfig". Und ja, dieser Begriff verdeutlicht schön, was für Erfahrungen dort für einige Hunde zu sammeln sind..... Natürlich darf man das nie verallgemeinern. Geht auf die Wiese, auf den Hundeplatz und guckt wer da ist. Kümmern sich die Leute um ihre Hunde? Greifen sie auch mal ein, wenn die Hunde über die Stränge schlagen? Werden die Hunde, ja auch vom Menschen, in ihre Grenzen verwiesen? Oder sitzen die Leute am Rand, trinken Kaffee, gucken aufs Handy und lassen ihre Hunde hemmungslos machen, was sie wollen. Denn es ist ja schließlich der Hundeplatz / das Hundeauslaufgebiet und Erziehung ist sowieso anstrengend. Dann ist das Verlassen dieses Ortes mit Sicherheit zunächst die bessere Idee.

Hunde (nicht alle...) brauchen Hundekontakte, wollen kommunizieren und sollten ihre eigene Sprache lernen / nicht verlernen. Aber diese Erfahrungen kann man so gestalten, dass sie Sinn machen oder eben so, dass der Schuss nach hinten losgeht.

Kümmert euch, das ist okay und euer Hund wird euch dafür als verlässlichen Partner wahrnehmen und euch dankbar sein!

 

 

 
Posted on December 20, 2017 and filed under Alltag mit Hund, Rücksicht und Miteinander.