Findus Lizzy Pedro

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Nicht alle Hunde sind gleich......

 

 

FINDUS

Findus wurde von Tierschützern in Rumänien von der Straße eingesammelt. Er sah gut aus, war gut genährt und ganz klar an Menschen gewöhnt. Nur das Fell war recht ungepflegt und ein Halsband trug er nicht. Er ließ sich anstandslos mitnehmen und lebt nun in Berlin. Ob er vorher eine Familie hatte und quasi entführt wurde, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Findus ist ein selbstbewusster Typ, in Rumänien hatte er viele Freiheiten und vermutlich genug Gelegenheiten gehabt zu lernen,  mit Menschen und anderen Hunden umzugehen. So wie er das für richtig hält. Die ersten beiden Wochen lief alles super, seine neuen Menschen verschafften ihm viele Hundekontakte, allerdings an der Leine, da sie sich noch nicht trauten, ihn abzuleinen. Dann ging es langsam los, das Findus an der Leine immer angespannter im Kontakt mit Hunden wurde. Vor allem solche, die stürmisch auf ihn zukamen und (unangeleinte) Rüden, die ihn körpersprachlich herausforderten oder gar bedrohten stressten ihn. Für seine neuen Menschen ist Findus der erste Hund und seine körperliche Anspannung konnten sie nicht immer sehen. Und wenn doch bekamen sie von den anderen Hundehaltern gesagt: "Die machen das schon alleine aus." Findus hingegen fand sich in einer völlig neuen Situation. Unglaublich viele Hundekontakte mit unglaublich vielen fremden, immer wechselnden Hunden, tagtäglich. Oft im 3-Minuten Takt. Und: Er wurde dabei festgehalten, konnte nicht ausweichen, oft war es auf engem Raum und niemand fragte ihn, Findus, ob er diese Kontakte überhaupt möchte. Jeder ging einfach davon aus, dass es wohl so sein müsse. Findus ist wie gesagt ein erfahrener, selbstbewusster Rüde, er ist erwachsen, spielen mit anderen Hunden gehört nicht mehr zu seinen bevorzugten Beschäftigungen. Und schon gar nicht, wenn man dabei festgehalten wird. Hündinnen sind für ihn teilweise interessant, Rüden geht er in der Regel aus dem Weg, sie werden geduldet oder in die Schranken gewiesen. Ansonsten ist er ein Hund, der einfach seine Ruhe haben möchte. Berlin und diese ständigen unfreiwilligen engen Kontakte, bei denen der andere Hund oftmals frei laufend war und damit klar im Vorteil... ging ihm sehr schnell auf die Nerven. Der entspannte, kuschelige Rumäne wurde bald zum angespannten, sozial überforderten, gestressten Hund. Hinzu kommt, dass Findus wie viele größere Hunde an Hüftdysplasie (HD) leidet. Jeder Kontakt mit Hunden kann für ihn daher zusätzliches Unwohlsein oder gar Schmerz bedeuten, da er ja nun mal nicht mehr ausweichen kann, wie er das früher immer ganz entspannt konnte.

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Findus hat einfach die (Hunde-) Schnauze voll.......

Angefangen hatte es so, dass er die Analkontrolle durch andere Hunde nicht mehr zuließ und dann attackierte. Später reichte es, wenn er nur die Hundemarke eines Hundes hörte um sich anzuspannen und wenn der Hund nahe genug dran war, vorwärts zu gehen. Bei Hündinnen und Kastraten beruhigte er sich manchmal wieder, aber auch nicht immer. Bei Rüden war er nicht mehr zu bändigen. Im Freilauf hingegen ist Findus souverän im Umgang mit anderen Hunden beider Geschlechter und wirkt sehr erfahren. Nur an der Leine wurde er zum Monster. Seine Menschen verstanden seine recht rasche Verhaltensänderung an der Leine überhaupt nicht. Jetzt wissen sie, dass er schlichtweg ein Mitspracherecht braucht, mit wem er in Kontakt gehen möchte und mit wem nicht. Alles andere empfindet er als übergriffig und das lässt er, und das ist sein Recht, einfach nicht mit sich machen. Frauchen und Herrchen versuchen seither an der Leine einfach entspannt an anderen Hunden vorbei zu gehen. Oder diese höflich weiter zu schicken. Die Hunde haben damit meist kein Problem und gehen sich aus dem Weg. Was sich in Berlin aber als unglaublich schwierig gestaltet, sind die Reaktionen der anderen Hundebesitzer. Selbst wenn klar ist, dass kein Kontakt erwünscht ist, nehmen viele ihre Hunde nicht ran und führen sie nicht mit Abstand vorbei. Selbst wenn man höflich fragt, wird die Bitte viel zu oft ignoriert und dem nicht genug, bekommen Findus Menschen ungefragt Ratschläge bis hin zu äußerst unhöflichen Anfeindungen. "Was hat denn Ihr Hund?" ist da noch die freundlichste Frage. "Ihr Hund ist aber aggressiv." "Besuchen Sie mal eine Hundeschule." oder "Hunde müssen immer Kontakt haben!" ist nur eine Auswahl an wenig konstruktiven Belehrungen, die sie täglich über sich ergehen lassen müssen. Findus Frauchen ist schwanger und geht im Grunde kaum noch mit ihm vor die Tür. Einen Hund zu haben hat sie sich ganz anders vorgestellt. Der Leidensdruck ist zu groß geworden. Das extreme Ausrasten von Seiten Findus wurde zwar mit Hilfe eines Trainers bearbeitet und ist mittlerweile weitestgehend im Griff. Aber die ständigen ungewollten Hundekontakte, bei denen keiner vorher fragt, ob es denn überhaupt erwünscht ist, lassen sich nicht vermeiden. Das ist leider eine Frage der allgemeinen Rücksichtnahme. Findus sitzt jetzt viel in der Wohnung herum. Da die Situation später mit Kinderwagen auch nicht ungefährlicher werden wird, mussten Findus neue Besitzer genau nachdenken, wie sie es in Zukunft machen werden. Findus hat Glück. Seine Menschen haben ihn so lieb gewonnen, dass sie ihn nicht wieder abgeben wollen. Zudem gibt es finanziell die Möglichkeit, nach der Geburt Berlin zu verlassen und auf's Land zu ziehen.

Dieses Glück haben viele andere Hunde, die leinenaggressiv geworden sind, leider nicht. Mit den ständigen Auseinandersetzungen mit anderen Hundebesitzern und der ständigen Gefahr, dass es zu einer ernsthaften Beißerei kommen könnte, muss man als Hundehalter erst mal leben können. Drei mal täglich. Ein unglaublich stressbelasteter Zustand für alle Beteiligten, Mensch und Hund.

Und die Lösung wäre an sich so einfach......


Hundeschule LottaLeben Hundetraining Berlin übergriffige Hundehalter

Lizzy fühlt sich an der Leine sichtlich unwohl, wenn sich ein Hund nähert.

LIZZY

Lizzy ist eine kleine Chihuahuadame aus Mailand. Mit Frauchen lebt sie seit einem Jahr in Berlin. In Mailand hatte Lizzy leider recht wenig Kontakt zu Hunden. Frauchen hat das nicht wirklich mit ihr geübt, weil Lizzy Hunden auch immer eher aus dem Weg gehen wollte. Und vor allem auch, weil Lizzy einfach sehr viel Freude mit Menschen hat und diese meist den Hunden vorzieht. Seit sie in Berlin ist, hat sich das geändert. Lizzy hat unfreiwillig sehr viel Hundekontakt. Sie ist eher unsicher, schließlich ist sie wirklich klein und das spürt sie auch. Dass manche Menschen behaupten, Hunde wären sich ihrer Größe nicht bewusst, kann Lizzy nicht nachvollziehen. Sie fühlt sich klein und da sie nie die Möglichkeit hatte, den Umgang mit anderen Hunden verschiedener Größen und mit unterschiedlichen Persönlichkeiten zu lernen, verunsichern sie Hundekontakte. Daher kann sie nur selten ohne Leine laufen, sie würde vor Angst auf die Straße rennen. Es ist auch schon ein paar Mal vorgekommen, dass größere Hunde (die nicht auf ihre Halter hörten) es witzig fanden, den kleinen schreienden Hund zu jagen und seither ist Frauchen zu Recht vorsichtig. Nun hat Lizzy aber das gleiche Problem wie Findus. Sie kann an der Leine der Situation nicht aus dem Weg gehen. Und sie ist winzig klein. Ihre gesamte Körpersprache an der Leine schreit förmlich: "Bitte, ich fühle mich äußerst unwohl, ich möchte keinen Kontakt." und selbst ein Mensch, der noch nie einen Hund hatte, wäre vermutlich in der Lage diese deutliche Körpersprache zu lesen. Trotzdem sind viele andere Hundebesitzer davon völlig unberührt. Ihre in der Regel wesentlich größeren Hunde dürfen zu Lizzy hinrennen. Egal ob sie es möchte oder nicht. Sie ist der Situation ausgeliefert und daher löst es immer großen Stress bei ihr aus. Lizzys Mensch hatte früher schon Hunde, allerdings waren das eher größere Hunde und sie waren allesamt recht cool im Umgang mit anderen Hunden. Lizzy ist der erste kleine Hund. Und für Frauchen ist es neu einen Hund zu haben, der keinen Wert auf Kontakt zu anderen Hunden legt. Da sie mit der Situation selbst überfordert war, nahm sie anfangs auch die Kommentare der anderen Hundebesitzer als Ratschläge an. "Da muss Ihr Hund jetzt halt mal durch, das muss er lernen." Und so schaute Sie zu, wie ihr völlig überforderter Hund an der Leine von anderen Hunden bedrängt wurde, ohne Ausweichen zu können. Ihr Gefühl sagte ihr, dass das so nicht richtig sein kann, aber den forschen Ratschlägen der Leute hatte sie zunächst nichts entgegen zu setzen. Das Problem verschärfte sich, da Lizzy sich komplett alleine gelassen und ausgeliefert fühlte. Ein ängstliches Häufchen Elend mit aufgestellten Haaren wie ein kleines Mini-Trampeltier (Anm. der Redaktion: Kamel mit zwei Höckern). Dann begann Frauchen sich schützend vor Lizzy zu stellen und wenn mehr als ein Hund ankommt und die Situation extremen Stress für Lizzy bedeutet, nimmt sie sie durchaus auch auf den Arm. Einer sehr kleinen und unsicheren Hündin an der Leine ein sicheres Gefühl zu geben, ist gar nicht so leicht. Im Grunde muss man den ganzen Tag kommunizieren, dass kein Kontakt an der Leine erwünscht ist. Und auch Lizzys Frauchen kämpft mit der Art, wie andere Hundehalter sich verhalten. Kopfschütteln, Belächeln und auch Sätze wie "So Leute wie Sie haben gar keinen Hund verdient." "Wenn Sie Ihren Hund hochheben, brauchen Sie sich nicht wundern, dass er Angst hat." kennt sie zu Genüge. Aus Mailand kennt sie diesen Umgang unter Hundehaltern nicht. Begegnen sich dort Hund-Mensch-Teams, nehmen die Leute ihren Hund kurz ran, leinen ihn an, führen ihn höflich vorbei und lassen ihn dann wieder laufen. Oder fragen, ob es in Ordnung wäre, dass die Hunde in Kontakt gehen. Man möchte niemanden bedrängen. In Mailand war Lizzy noch ein völlig entspannter Chihuahua.

Na bitte, es geht also. Andere Kulturen bekommen ein rücksichtsvolles Miteinander hin.....Wenn Lizzys Frauchen es schafft, ihrer Kleinen weiterhin entspannte Leinenspaziergänge ohne ständige unfreiwillige Hundekontakte zu verschaffen und für sie zu sorgen (parallel dazu übt sie nachträglich Sozialkontakte in entspanntem Umfeld, OHNE Leine, mit genügend Raum, mit gut erzogenen Hunden), wird Lizzy hoffentlich nicht einer dieser kleinen, völlig verzweifelten Leinenkläffer, die sich beim Anblick eines anderen Hundes sofort so groß wie nur möglich machen und so laut wir nur möglich poltern, um den anderen Hund auf Abstand zu halten. Wenn es schon sonst keiner macht.......


PEDRO

Auch Pedro ist wie so viele Hunde in Berlin aus dem Tierschutz. Der Galgo wurde in Spanien von seinem Jäger entsorgt, Tierschützer sammelten ihn ein. Pedro ist jung und hat mit Hunden keine Probleme. Allerdingst ist das spanische Landei mit dem Lärm, der Hektik und den viel zu vielen Reizen in Berlin stark überfordert. Er hat vor unglaublich vielen Dingen und Geräuschen Angst, ist außerhalb der Wohnung permanent unsicher und für seine beiden Menschen ist das eine schwierige Situation. Sie haben das Gefühl, dem Hund nicht wirklich geholfen zu haben, sondern ihn mit dem Leben in Berlin komplett zu überfordern. Sie haben sich professionelle Hilfe gesucht und arbeiten nun an Pedros Ängsten. Es gibt auch schon einige Fortschritte zu verzeichnen, aber ob die Entscheidung letztendlich die richtige war, oder wie es mit Pedro weiter gehen wird, ist noch unklar. Pedro hat wie gesagt keine Probleme mit Hunden, er scheint gut sozialisiert zu sein und macht im Kontakt im Wald oder Hundeauslaufgebiet windhundtypisch viel über Bewegung und Geschwindigkeit. In Berlin hängt er aus Sicherheitsgründen doppelt gesichert an Geschirr und Halsband und kämpft sich ziemlich verängstigt, zum Teil leicht panisch, durch die Stadt. Trotzdem steuern zusätzlich noch manche Hundehalter mit ihren Hunden auf ihn zu, in ihn rein. Es ist absolut unübersehbar, dass der Hund gerade Stress hat und keinen Kopf für eine Hundebegegnung. Jetzt muss Pedro, während er versucht das Gefahrenpotential der vorbeifahrenden Tram, der rennenden Kinder, des Baustellengerüsts, des Kinderwagens, der Fahrräder und Autos und des Kinderwagens auszuloten, sich auch noch mit einem anderen Rüden auseinandersetzen. Einem der eben nicht nur spielen will, sondern an der Leine mal kurz klären möchte, wer der coolere Typ von beiden ist. Steifbeinig und fixierend. Während Pedro sich gestresst windet und sich mit Herrchen in der Leine verheddert. Auf die höfliche Bitte den Hund ranzunehmen und einfach weiterzugehen kommt dann als Antwort noch ein vorwurfsvolles "Der arme Hund! Entspannen Sie sich doch mal oder lassen Sie ihn von der Leine. Hunde müssen frei sein."...... Auch für Pedros Leute ist es immer wieder überraschend, wie wenig Feingefühl andere Hundebesitzer mitbringen. Zu einem Kontakt gehören immer zwei und BEIDE müssen mit dem Kontakt einverstanden, dazu in der Lage sein. Eigentlich völlig logisch. Pedro hat mittlerweile begonnen leise zu knurren, wenn sich Hunde nähern. Sein entspanntes Verhältnis zu Hunden verändert sich bedauerlicherweise. Da Pedros Leute mittlerweile ziemlich genervt sind, von dem täglichen Kampf auf der Straße und Pedro sich einfach nur draußen in der Natur wie ein glücklicher, normaler Hund verhalten kann, fahren sie täglich mit dem Auto raus. Aus der Wohnung, in das Auto, auf das Feld. An seinen Ängsten wird natürlich weiterhin gearbeitet. In der Hoffnung, dass man nicht zu vielen anderen Hundemenschen begegnet, die die Situation zusätzlich verschärfen.....


Abschließend möchte ich dazu noch sagen, dass es zum Glück auch viele rücksichtsvolle und achtsame Menschen da draußen gibt. Leute die sehen, dass man keinen Kontakt möchte, ihren Hund kurz rufen, im Fuß vorbei führen und wieder laufen lassen. Dauert 5 Sekunden und macht den Umgang miteinander so viel entspannter. Und es gibt viele Menschen, die vorher fragen. Ich persönlich bedanke mich dann immer für die Rücksicht. Man soll sich ja nicht nur auf das Negative konzentrieren ;-).

Aber nicht ohne Grund hielt ich es für wichtig, dieses Problem ein weiteres mal zu thematisieren (siehe Artikel unten "der angeleinte Hund"). Für einen Menschen mit einem leinenaggressiven oder ängstlichen oder kranken oder alten und blinden oder oder oder oder Hund, sind Spaziergänge wirklich oft ein Spießrutenlauf. Es kann die Lebensqualität wirklich unglaublich einschränken, wenn man dem täglich mehrfach ausgeliefert ist. Als Hundetrainerin bekomme ich durch meine Kunden natürlich die geballte Ladung an Geschichten mit und ich muss sagen, die werden immer verrückter. Einfach nur nicht auf den andern zu achten, das ist ja ein genereller Trend, aber die völlig kontraproduktiven Belehrungen und Anfeindungen, das scheint tatsächlich immer krasser zu werden. Man könnte ein Buch schreiben. Findus, Lizzy und Pedro sind nur ein klitzekleiner Ausschnitt. Und gefühlt nimmt die Zahl der an der Leine gestressten Hunde zu. Wen wundert’s.

Daher, liebe Leute, wenn Euch all dies vorher nicht bewusst war, kein Problem! Jetzt ist es euch bewusst und ihr wisst für euren nächsten Spaziergang: Viele Hunde wollen an der Leine einfach nur ihre Ruhe.

Also gehe ich höflich vorbei oder ich frage nach. Denn auch der Hund an der Leine möchte entscheiden können, ob er berührt und konfrontiert werden möchte, oder nicht....

 

DANKE! :-)

 
 
Posted on December 2, 2017 and filed under Alltag mit Hund, Rücksicht und Miteinander.